Falsche Erwartungen.

Die Schreibcommunity bei Instagram wächst kontinuierlich. Schreiben ist eine recht einsame Sache, weswegen es mittlerweile gemeinsame Schreibstreams auf Twitch gibt und Schreibforen, die zur Schreibnacht einladen. Auf Twitter oder Instagram teilen die Schreibenden dann ihre Fortschritte und Hindernisse mit, posten Bilder vom Schreibtisch, der x-ten Tasse Kaffee oder der Katze, die den Schreibtischstuhl blockiert, weswegen man nicht weiterschreiben kann (*Hust, passiert mir nieeeee) Es findet ein reger Austausch statt über Themen wie Exposés, Verlagssuche etc. Es wird Mut zugesprochen, getröstet, nach Testlesern und Bloggern gesucht. Das alles kann sehr hilfreich sein. Es ist ein hübscher, recht geschützter Ort für (angehende) Autorinnen und Autoren.

Aber manchmal wird auch ein „falsches“ Bild vermittelt. Manchmal zieht diese Community Menschen runter. Weil häufiger von Erfolgserlebnissen berichtet wird, als von Niederlagen. Es werden mehr Verlagsverträge fotografiert und gezeigt als über Absagen gesprochen. Manche wenige haben den Mut, über eine Absage zu reden und finden recht großen Zuspruch. Dabei wird klar, wie viele Menschen sich mehr solcher Beiträge wünschen, weil man sich vorher „allein“ gefühlt hat und wie ein Versager vorkommt, weil man immer noch nichts veröffentlicht hat. Weil das Schreiben nicht so gut vorangeht, wie bei den anderen. Weil es immer wieder Plotholes gibt. Weil der Brotjob so viel Zeit in Anspruch nimmt, dass keine Konzentration mehr vorhanden ist. Weil die Selbstzweifel einen lähmen.

Gerade Schreibanfänger und Schreibanfängerinnen werden schnell durch so manche Beiträge entmutigt. Manchmal wirkt es so, als bekomme jeder andere einen Verlagsvertrag, außer man selbst.

Immer wieder lese ich von enttäuschten Menschen, deren 1. Manuskript abgelehnt wurde. Frust macht sich breit. Gedanken, nicht gut genug zu sein, nie gut genug zu sein und mit dem Schreiben aufzuhören. Ich will es mal ganz unverblümt sagen: Das erste Manuskript ist meist Schrott. Das 2. ist meist auch nicht veröffentlichungsreif. Schreiben ist ein Handwerk. Es braucht Zeit und Übung, seinen eigenen Stil zu finden. In Zeiten von Social Media haben viele Schreibende allerdings keine Geduld oder falsche Vorstellungen vom Veröffentlichungsprozess, so ist zumindest mein Eindruck.

Die wenigsten schaffen es, mit dem 1. Manuskript zu punkten. Ich weiß nicht, wie viele Manuskripte ich geschrieben habe, aber mit jedem habe ich mich verbessert, meine eigene Stimme gefunden. (Zum Glück gab es damals noch kein Social Media, als ich anfing zu schreiben.) Darum ist es wichtig, diese ersten Manuskripte zu schreiben. Sie eignen sich vielleicht nicht zur Veröffentlichung, aber sie sind wichtig, um das Handwerk zu beherrschen.

Ich kann nur den Rat geben, es vielleicht nicht unbedingt mit dem ersten Manuskript, das man geschrieben hat, bei einem Verlag oder einer Agentur zu versuchen. Und den Markt dabei zu berücksichtigen. Es werden auch Manuskripte abgelehnt, nicht, weil sie schlecht geschrieben sind, sondern weil das Thema gerade nicht gefragt ist. Ich finde es immer sehr schade, wenn ich von angehenden Autorinnen lesen, die ihr 1. Manuskript fertig geschrieben haben, zu recht stolz darauf sind – denn es ist verdammt schwer ein Manuskript wirklich zu beenden – und dann enttäuscht sind, weil sie Verlagsabsagen bekommen. Ich weiß, das mit der Geduld ist so eine Sache. Ich bin auch nicht geduldig, wer ist das schon? Aber so schnell, wie es auf Instagram wirkt, geht das mit dem Verlagsvertrag und dem Veröffentlichen nicht. Und selbst, wenn man einen Verlagsvertrag bekommt, ist es nicht leicht. Denn meistens werden noch zahlreiche Überarbeitungen fällig. Szenen, die rausgenommen werden sollen, Szenen, die hinzugefügt werden sollen etc. Figuren, die geändert werden oder gestrichen werden müssen. Es ist ein Haufen Arbeit, was gerne vergessen wird, wenn man die Bilder glücklicher Menschen sieht, die auf Instagram ihren Verlagsvertrag in die Kamera halten.

Wer bei einem (großen) Verlag veröffentlichen möchte, muss Durchhaltevermögen besitzen, bereit sein, sein Manuskript zu ändern und zu überarbeiten, und manchmal Kompromisse eingehen.

Und nur, weil das erste Manuskript abgelehnt wurde, heißt es nicht, dass man den Traum vom Schreiben ganz aufgeben sollte. Es heißt einfach, dass es nicht leicht ist, und das war Schreiben und Veröffentlichen noch nie.

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