Was hat sich verändert?
Ich sitze gerne im Café, beobachte die Leute und plotte neue Romane, entwerfe Steckbriefe der Figuren etc. Natürlich kann ich all das auch zu Hause machen. Aber manchmal wirkt so ein Café recht inspirierend. In den eigenen vier Wänden ist es schwer, neuen Input zu bekommen, wenn man sich ausgebrannt fühlt. Und irgendwie tue ich das gerade. Lesen, Geschichten schreiben, Romane planen, all das geht nicht mehr so locker wie vor einem Jahr. Meine Kreativität ist gebremst. Das liegt nicht nur an Corona, sondern auch an privaten Sorgen, aber das geschriebene Wort hat etwas von seiner Leichtigkeit verloren. Ich fange zahlreiche Bücher an und lege sie beiseite. Sie langweilen mich oder belasten mich, sie können mich nicht fesseln und manchmal reicht meine Konzentration einfach nicht, um mehr als zwei Seiten zu lesen. Schreiben fällt mir hingegen leichter. Aber auch hier merke ich diese Schwerfälligkeit, die sich immer mehr ausbreitet.
Manchmal hilft ein Spaziergang, um neue Energie zu tanken. Vor allem bei Schnee mag ich es, rauszugehen, wenn die Straßen weiß sind und es wie eine Winterwunderlandschaft aussieht. Aber dennoch ist es anders als noch vor etwas über einem Jahr. Es sind weniger Menschen unterwegs. Jeder geht auf Abstand. Die meisten tragen Masken. Eine Schwere drückt sich durch die schmalen Straßen und Gassen, wie ein Nebel, den man einatmet, um genauso schwermütig und trübsinnig zu werden.
Bücher sind und waren immer eine Flucht für mich. Schreiben ist eine Flucht geworden, vor dem Alltag, den Sorgen und Ängsten. Es ist erstaunlich, wie schnell man ganze Welten schaffen kann, mit nur wenigen Sätzen. Wie Figuren, die man aufs Papier gezaubert hat, so lebendig werden können. Schreiben ist magisch, für mich zumindest. Und doch fällt es mir zunehmend schwerer, mich ins Innere der Geschichten zu begeben, wo im Außen gerade alles im Chaos versinkt. Ich fühle mich dauernd erschöpft. Ich möchte gerne viel mehr schreiben, viel mehr lesen, in andere Geschichten eintauchen, aber der Kopf ist einfach nicht bei der Sache. Ich habe immer gesagt, ich könne immer schreiben. Oder fast immer. Nun weiß ich, dass das nicht stimmt. Ich schreibe zwar, aber es ist ein anderes Schreiben als sonst. Behäbig. So fühlt es sich an. Behäbig. Ich weiß, dass es vielen meiner Autoren-KollegInnen ähnlich geht. Ich weiß, dass es vielen LeserInnen ähnlich geht. Und doch, jeder ist für sich allein, balanciert auf seiner Eisscholle so gut es geht, versucht nicht abzurutschen und runterzufallen. Ich hoffe sehr, dass die Buchläden bald wieder öffnen dürfen. Wenn ich ängstlich bin, Panikattacken haben, sind sie ein Ort, der mich wieder erdet, mich in die Realität zurückholt, obwohl ich dort umgeben von Geschichten bin. Wir brauchen Bücher, wir brauchen Geschichten, um in der Realität zu bleiben und in ihr nich verrückt zu werden.